Neun Tage lang hieß es für elf Auszubildende: volle Verantwortung, echter Arbeitsalltag, lernen im Team. Im Fachpflegeheim des ZfP Südwürttemberg startete erneut das Projekt „Auszubildende leiten eine Wohngruppe“.
Die Wohngruppe 1201 des Fachpflegeheims „Mariotte Glocker“ bot vielseitige Herausforderungen für das Projekt: Hier leben 15 Bewohner:innen im Alter von 39 bis knapp 80 Jahren, die an chronischen psychischen Erkrankungen leiden und auf pflegerische Unterstützung angewiesen sind. Hauptamtliche Praxisanleiterin Michaela Karkos kündigte den Auszubildenden daher einen vielseitigen Arbeitsalltag an: „Unsere Bewohner:innen haben sehr unterschiedliche Diagnosen. Hinzu kommen besondere Anforderungen wie Bewährungsauflagen oder die palliative Begleitung eines Klienten. Das eröffnet ein breites Spektrum an Lernsituationen – von diversen behandlungspflegerischen Maßnahmen wie Wundversorgung über Medikamentengabe, Umgang mit Betäubungsmitteln, bis hin zur Alltagsgestaltung und Assistenzleistungen zur Teilhabe.“
Insgesamt elf Azubis stellten sich der Herausforderung, die Bewohner:innen nicht nur eigenverantwortlich rund um die Uhr zu versorgen, sondern auch in ihrem Alltag zu begleiten. Fünf Auszubildende zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann im zweiten Ausbildungsjahr, fünf angehende Krankenpflegehelfer:innen und eine angehende Altenpflegehelferin wagten damit den Schritt ins eigenständige Arbeiten. Unterstützt wurden sie von insgesamt zwölf Praxisanleitenden, die im Hintergrund Sicherheit boten, aber bewusst viel Freiraum ließen.
Neu war in diesem Jahr, dass alle Krankenpflegehelfer:innen am Projekt beteiligt waren. „Damit erleben die Teilnehmenden unmittelbar, wie wichtig interprofessionelle Zusammenarbeit ist – so, wie sie später auch im Berufsalltag gefragt ist“, erklärte Praxisanleiterin Stefanie Grundler, die das Projekt gemeinsam mit Kolleg:innen vorbereitet hatte. „Die Azubi-WG ist für uns jedes Jahr ein Herzensprojekt. Sie fordert, aber sie gibt auch unheimlich viel zurück.“
Vorbereitung mit Theorie und Teamgeist
Bevor die erste Schicht begann, gab es drei Einführungstage. Auf dem Programm standen die Übergabe aller Bewohnerfälle sowie die eigenständige Dienstplangestaltung. In Anleitungssituationen wurden Themen wie Notfallmanagement, Dokumentation, Medikamenten- sowie Ernährungsmanagement, Aspirationsprophylaxe und Aktivierung geprobt und die Auszubildenden so auf ihre Aufgaben vorbereitet. Auch erlebnispädagogische Übungen standen auf dem Plan, die den Teamgeist und die Kommunikationsfähigkeit untereinander stärken sollten, „denn eine offene, wertschätzende Kommunikation ist der Schlüssel für eine gute Zusammenarbeit“, so Grundler.
Bei der Auftaktveranstaltung macht Schulleiterin Andrea Fessler den Azubis Mut: „Wachstum und Selbstbewusstsein entstehen, wenn man Verantwortung übernimmt. Diese Chance haben Sie hier in besonderer Weise. Ich wünsche Ihnen viel Spaß, Erfolg und Lernpotential.“ Und Martina Nunnenmacher, Leiterin der Gemeindepsychiatrie, ergänzte: „Mich freut besonders, dass das Azubi-Projekt im Heimbereich umgesetzt wird. Hier geht es nicht nur um punktuelle Pflege, sondern um die langfristige Begleitung von Menschen. Wir sind nah an den Bewohnerinnen und Bewohnern dran und können ihren Alltag aktiv mitgestalten und unterstützen.“
Mit dem offiziellen Startschuss übernahm das Team die erste Frühschicht – und ab diesem Zeitpunkt neun Tage lang sämtliche anfallenden Aufgaben: Pflege, Betreuung, Organisation, Dokumentation, Schichtleitung. Dabei sammelten sie nicht nur Fachwissen, sondern auch Erfahrung im Delegieren, Planen und im Umgang mit herausfordernden Situationen. „Am Anfang war das schon etwas stressig“, berichtet die angehende Altenpflegehelferin Fany Batio von ihren Eindrücken. „Aber ich habe gemerkt, wie sehr man an dieser Rolle wächst. Für mich war das eine tolle Erfahrung, die mir viel Selbstvertrauen gegeben hat.“ Ümmü Tekelioglu, die die Ausbildung zur Pflegefachkraft absolviert, betonte vor allem den Zusammenhalt: „Die Stimmung in unserem Team war einfach super. Wir haben uns gegenseitig unterstützt, auch wenn es mal hektisch wurde. Toll war auch, wie viel Freiraum zum selbstständigen Arbeiten wir bekommen haben.“
Positives Fazit – gemeinsamer Ausklang
Am Ende der Projektwoche war die Freude groß – sowohl bei den Auszubildenden als auch bei den Praxisanleitenden. „Sie haben gezeigt, wieviel Kompetenz und Engagement bereits in der Ausbildung steckt“, lobte Grundler das Team. Auch die Rückmeldungen der Bewohner:innen der Wohngruppe fielen durchweg positiv aus, profitierten diese doch ebenfalls von der besonderen Dynamik: neue Ideen, frische Energie und viel Humor prägten die Tage.
Nach der letzten Schicht feierten alle gemeinsam den Abschluss. Für die Azubis war es ein wichtiger Meilenstein, für die Bewohner:innen eine willkommene Abwechslung – und für die Praxisanleitenden ein eindrucksvoller Beleg, wie wertvoll Praxisprojekte für Ausbildung und Versorgung gleichermaßen sind.