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Angehörige leiden noch heute /

Eine Frau und ein Mann stehen in gedenkender Haltung da. Im Hintergrund sind mehrere Menschen zu sehen.

Prof. Dr. Renate Schepker, Weissenauer Regionaldirektorin des ZfP Südwürttemberg, und Dr. Daniel Rapp, Oberbürgermeister der Stadt Ravensburg, gedachten der ermordeten Patientinnen und Patienten der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Weissenau am Denkmal der Grauen Busse.

Mit einer Kranzniederlegung am Denkmal der Grauen Busse in Weissenau haben das ZfP Südwürttemberg und die Stadt Ravensburg gemeinsam der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Bewegende Erzählungen von Angehörigen bei der Gedenkfeier verdeutlichten, wie sehr die Geschehnisse bis heute in die Familien der Opfer hineinwirken.

Jährlich erinnern die Stadt Ravensburg und das ZfP Südwürttemberg am 27. Januar an die Opfer des Nationalsozialismus, darunter die in Grafeneck und Hadamar ermordeten  Patientinnen und Patienten der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Weissenau. Die diesjährige Gedenkfeier im Festsaal des Kloster Weissenau war den Familien der Opfer gewidmet: Drei Angehörige berichteten, wie das Schicksal ihrer getöteten Familienmitglieder ihre eigene Lebensgeschichte beeinflusste und welchen Weg der Aufarbeitung sie fanden. „Die persönliche Lebensgeschichte nach außen zu tragen ist zur Aufarbeitung und für die Anerkennung der Opfer wichtig“, so die Weissenauer Regionaldirektorin des ZfP, Prof. Dr. Renate Schepker.

 „Ich durfte keine Fragen stellen, niemand wollte darüber reden“, so Margot Schlewek, deren Mutter, Elisabeth Herrmann, wegen verbotenen Umgangs mit einem polnischen Arbeiter verhaftet wurde. „Ich hatte immer das Gefühl, dass ich mich für das Schicksal meiner Mutter schämen müsse.“ Schließlich begab sich Schlewek selbst auf Spurensuche und besuchte das Konzentrationslager, in dem ihre Mutter getötet wurde. Heute erinnert ein Denkmal in Baienfurt an das Schicksal von Elisabeth Herrmann. Auf Schweigen und Verdrängen innerhalb der Familie stieß auch Gardy Käthe Ruder bei den Recherchen zum Tod ihrer psychisch kranken Großmutter – bis heute hält das Verdrängen an. Der Stolperstein zum Gedenken an die 1940 in Grafeneck Getötete wurde deshalb nicht vor dem Elternhaus, sondern vor der ehemaligen Schule der Großmutter verlegt. „Es braucht Worte, um zu verhindern, dass Traumata weitergegeben werden“, betonte die Fachärztin und Psychotherapeutin Dr. Verena Wild-Barth. Auch sie ließ die Anwesenden an ihrer Familiengeschichte teilhaben: Lange wurde das Schicksal ihres Onkels Anton Wild ebenfalls totgeschwiegen. Erst im Zuge der Nachforschungen von Wild-Barth und mit der Aufklärung seines Lebenswegs „wurde schrittweise mehr erzählt innerhalb der Familie“. Mit musikalischen Beiträgen erinnerte das Trio DIE DRAHTZIEHER an die ermordeten Ravensburger Sinti und Roma. Bandmitglied Bobby Guttenberger, dessen Großmutter das Konzentrationslager Birkenau überlebte, erlebt heute noch Diskriminierung.

Zum Abschluss der Gedenkfeier legten Prof. Dr. Renate Schepker und der Oberbürgermeister der Stadt Ravensburg, Dr. Daniel Rapp, einen Kranz am Denkmal der Grauen Busse nieder. Zuvor hatten 691 Glockenschläge an die ermordeten Patientinnen und Patienten aus Weissenau erinnert.




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