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Erinnern, um zu lernen /

Eine junge Frau und ein junger Mann stehen vor einer Gedenktafel. Vor dieser liegt ein geschmückter Kranz mit Trauerschleife. Beide halten den Blick gesenkt zu Boden.

Eine Schülerin und ein Schüler der Berufsfachschule für Pflege Zwiefalten legten auf dem ehemaligen Anstaltsfriedhof einen Kranz an der Gedenktafel ab.

Erinnern und gedenken, aber auch den Blick für Unrechtes schärfen und sich falschen Entwicklungen entgegenstellen – dazu riefen die Mitwirkenden bei der gemeinsamen Gedenkveranstaltung des ZfP Südwürttemberg und der Gemeinde Zwiefalten für die Opfer des Nationalsozialismus auf.  

„Gedenken in Zwiefalten bedeutet immer auch Gedenkarbeit mit Jugendlichen“, begrüßte Dr. Bernd Reichelt vom Forschungsbereich Geschichte und Medizin des ZfP Südwürttemberg die Gäste im vollbesetzten Konventbau. Und so standen auch in diesem Jahr eindrückliche Beiträge von Schülerinnen und Schülern im Mittelpunkt der Veranstaltung. Musikalisch umrahmt wurde diese mit sorgsam ausgewählten Musikstücken der Gruppe Feuervogel.

Eindringliche Worte richtete Prof. Dr. Gerhard Längle, Regionaldirektor Alb-Neckar, in seinem Grußwort an die Anwesenden. Von den Anfängen der NS-Herrschaft, der Schmähungen und schleichende Veränderungen von Verordnungen vorangegangen waren, schlug er den Bogen in die Gegenwart und verwies auf aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Auch heute noch werden Menschenrechte missachtet. „Wir dürfen nicht wegsehen. Wir müssen Unrechtes frühzeitig beim Namen nennen“, mahnte der Regionaldirektor. Umso wichtiger sei es, den Gedenktag auch als Ansporn zu nehmen, Menschenrechte zu verteidigen, wann immer diese in Gefahr sind.

Anhand verschiedener Episoden verdeutlichte Dr. Bernd Reichelt im Anschluss, wie die NS-Ideologie die Medizin und damit auch auf die damalige Heilanstalt Zwiefalten radikalisierte. „Als sich die Ideologie bereits den Staat zu eigen gemacht hatte, war es umso schwieriger, sich dieser noch zu widersetzen“, so der Historiker. Er verwies auf das Schicksal des damaligen Anstaltsdirektors und dessen Stellvertreter, die der Partei kritisch gegenüberstanden und schon 1935 ihres Postens in der Anstalt enthoben wurden.

„Nahezu jeder wusste, was passierte. Ein immenser Druck lastete auf Patienten und Personal“, hielt Pfleger Ernst Badent in seinen Aufzeichnungen fest. An ihn wandten sich Auszubildende der Berufsfachschule für Pflege Zwiefalten in ihrem Beitrag „Fragen an einen Pfleger 1940“ und erhielten in Badents Aufzeichnungen ebenso eindrückliche wie bewegende Antworten. „Es war schauderhaft und schrecklich. Machtlos musste ich bei der Ermordung hunderter Insassen zusehen“, überliefern die Schilderungen des Pflegers. Einzelschicksale standen auch im Mittelpunkt des Beitrags der Klasse 10 der Münsterschule Zwiefalten. Aufgebaute Türme aus Holzstäben stellten die Lebensgeschichten dreier Patienten dar. Der Sturz des Turmes symbolisierte die Ermordung in Grafeneck. „Wir können daraus lernen“, appellierte eine Schülerin, „jeder Mensch soll mit Zuversicht und Freude am Leben teilhaben dürfen.“

Mit dem Lied „Was keiner wagt“, das mit Zeilen wie „Was keiner sagt, das wagt zu sagen, wo alle loben, da habt Bedenken“, zum Nachdenken anregte, rundete die Band Feuervogel die Gedenkfeier im Konventbau ab.

Bei der Kranzniederlegung am ehemaligen Anstaltsfriedhof erinnerte auch Alexandra Hepp, Bürgermeisterin der Gemeinde Zwiefalten, an die Gräueltaten der NS-Herrschaft und erklärte: „Durch eine humane und wertebasierte Politik können wir dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr geschieht.“ Hepp betonte die Verantwortung eines jeden Einzelnen, in dessen Hände es liege, wie frei und bunt eine Gesellschaft leben dürfe. „Wir sind die Gesellschaft, wir können sie formen.“ Bevor eine Schülerin und ein Schüler der Berufsfachschule für Pflege Zwiefalten den Kranz niederlegten, ergriff Pfarrer Albrecht Schmieg das Wort. Nicht zu vergessen, so der Klinikseelsorger des ZfP, sei eine schwere Aufgabe, bedeute sie doch, das Geschehene zu fühlen und zu ertragen, aber auch, es weiterzusagen. Gedenkveranstaltungen seien deshalb besonders wichtig. „Wir alle behalten die Opfer im Herzen und geben ihnen ihre Ehre und Würde zurück, sodass sie nicht aus der Geschichte gestrichen werden.“




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