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Landrat Ulrich Fiedler besucht ZfP-Standort Zwiefalten /

Drei Männer vor dem Eingang eines Gebäudes

Die Regionaldirektoren Prof. Dr. Gerhard Längle (links) und Dieter Haug (rechts) mit Dr. Ulrich Fiedler, Landrat im Kreis Reutlingen.

Welche Rolle spielt das ZfP in Zwiefalten für die Gesundheitsversorgung und als großer Arbeitgeber im Landkreis Reutlingen? Landrat Dr. Ulrich Fiedler zeigte sich bei seinem Besuch interessiert und gesprächsbereit.

Die Regionaldirektoren Prof. Dr. Gerhard Längle und Dieter Haug sowie Ralf Aßfalg, der als pflegerischer Direktor und langjähriger Gemeinderat in Zwiefalten in doppelter Funktion dabei war, sprachen mit dem Politiker über grundsätzliche Themen und aktuelle Herausforderungen in der Psychiatrie. Haug ging zunächst auf die Geschichte des Zentrums für Psychiatrie Südwürttemberg ein: Als eines von sieben ZfPs in Baden-Württemberg erfüllt es als Anstalt öffentlichen Rechts einen psychiatrischen und psychosomatischen Versorgungsauftrag zwischen Bodensee und Stuttgart. Dabei agiert das ZfP Südwürttemberg von drei zentralen Standorten aus: Zwiefalten, Bad Schussenried und Weissenau. Inklusive Tochterunternehmen, zu denen auch die Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik Reutlingen (PP.rt) gehört, beschäftigt das ZfP Südwürttemberg 5 000 Mitarbeitende und macht einen Umsatz von 320 Millionen Euro. Geld, das in den Erhalt und Ausbau von Versorgungsstrukturen sowie faire, tarifgebundene Löhne und gute Arbeitsbedingungen für Mitarbeitende fließe, betonten die Regionaldirektoren. Eine reine Gewinnorientierung ist durch die Form einer Anstalt öffentlichen Rechts ausgeschlossen.

Allein am Standort Zwiefalten werden rund 470 psychisch erkrankte Menschen im Klinik- und Heimbereich des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg betreut. Die Gemeinde Zwiefalten hat 1 600 Einwohner, das ZfP wiederum bietet Arbeitsplätze für 700 Menschen. Für rund 170 von ihnen, verdeutlichte Aßfalg die bemerkenswerten Relationen, ist Zweifalten nicht nur Arbeits- sondern auch Wohnort. Die kleine Gemeinde lebt mit und ein Stück weit auch von „ihrer“ Klinik: Die Infrastruktur ist dichter als in anderen Orten vergleichbarer Größe, „viele Geschäfte, Dienstleister und auch den Polizeiposten gäbe es ohne ZfP nicht mehr“, so Aßfalg. Verändert hat sich in den zurückliegenden Jahren das Versorgungsgebiet: Neben dem Kreis Reutlingen gehörten dazu früher auch Tübingen und Esslingen – Raumschaften, die inzwischen von der Universität beziehungsweise den Kreiskliniken psychiatrisch versorgt werden. Zur Alb, auf die sich mit rund 90 000 Einwohnern die Kernversorgung konzentriert, kam vor zwei Jahren eine Erweiterung in eine andere Richtung hinzu: Im Alb-Donau-Kreis hat das ZfP einen klaren Entwicklungsauftrag. In Ulm und Ehingen hat sich das ZfP mit Satelliten-Stationen an somatische Kliniken angedockt, außerdem werden außerklinische Strukturen sowohl im Heim- als auch im Tagesklinik-Bereich sukzessive auf- und ausgebaut.

Diskussion um Maßregelvollzug

Ein Schwerpunkt am Standort Zwiefalten ist der Maßregelvollzug nach Paragraf 64 Strafgesetzbuch: Hier werden Straftäter und Straftäterinnen therapiert, deren Vergehen in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrem Hang zum Alkohol- oder Drogenkonsum steht. Ein - auch mit Blick auf den jeweiligen Hintergrund der Gesprächspartner – spannendes und hochaktuelles Thema: Längle ist Mediziner, Fiedler Jurist. Die Forensische Psychiatrie, wie der Maßregelvollzug auch genannt wird, leidet unter immer höheren Zuweisungszahlen von Seiten der Gerichte. Die Kliniken sind voll. Nicht nur, aber auch in Zwiefalten. „Vor zehn Jahren hatten wir 85 Plätze im Maßregelvollzug, inzwischen sind es 130“, so Längle. Der Druck von Seiten der Politik sei immens – das zeigt auch die gegenwärtige Diskussion um den „Faulen Pelz“ in Heidelberg, der für den Maßregelvollzug umgebaut werden soll. Längle erteilte einer Erweiterung am Standort Zweifalten eine klare Absage: „Wir wollen nicht mehr.“ Man wolle den kleinen Ort nicht mit einer weiteren Verdichtung belasten, argumentierte er und kritisierte zugleich die richterliche Zuweisungspraxis: „Hier landen inzwischen zu viele, die keine Suchtpatienten, sondern ganz normale Straftäter sind.“ Ihre Unterbringung in der Psychiatrie, die allgemein als angenehmer gilt als die im Gefängnis, haben seiner Ansicht nach etliche vor allem dem Geschick ihrer Anwälte zu verdanken. Dementsprechend hoch, so Längle, ist die Abbrecherquote: 50 Prozent werden, weil sie gegen Therapieauflagen verstoßen, nicht kooperieren oder schlichtweg gar keine behandlungsbedürftige Suchtproblematik haben, ins Gefängnis verlegt. Längle verwies auf den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung, in dem das Thema ebenfalls verankert ist: Er erhofft sich eine Novellierung des Paragrafen 64 insbesondere im Hinblick auf höhere Hürden bei der Zuweisung durch die Gerichte. Im Spannungsfeld zwischen Medizin und Recht bewegte sich auch der Austausch von Argumenten für und wider eine allgemeine oder eine einrichtungsbezogene Impflicht.

An das Gespräch schloss sich ein Rundgang durch verschiedene Klinikbereiche an. Großes Interesse zeigte Fiedler auch an der ZfP-eigenen Berufsfachschule für Pflege im Klostergebäude: Den angehenden Pflegefachkräften werden hier die theoretischen Grundlagen ihres Berufs vermittelt. Die praktische Ausbildung absolvierten die Schülerinnen und Schüler in den stationären und tagesklinischen Bereichen des ZfP Südwürttemberg sowie in kooperierenden Krankenhäusern in der Region. Auch ambulante Dienste, dezentrale Wohngruppen und offene Angebote in Tagesförderstätten spielen in der Psychiatrie eine große Rolle. In deren Ausbau und Weiterentwicklung investiert das ZfP gezielt. Das jüngste Projekt ist das neu eröffnete Unterstützungszentrum mitten im Ort, das Fiedler ebenfalls besuchte. Das offene Haus bietet vor allem Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen eine verlässliche Anlaufstelle, wo sie professionell und individuell betreut und gefördert werden: Von Tischkicker spielen und plaudern bis hin zu kleineren Montagearbeiten, die Klientinnen und Klienten auf eine Tätigkeit in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung vorbereiten, die das ZfP in enger Kooperation mit der Bruderhaus-Diakonie betreibt, ist vieles möglich. Der Landrat zeigte sich beeindruckt und sicherte den ZfP-Regionaldirektoren grundsätzliche Gesprächsbereitschaft in jeder Hinsicht zu: „Ich bin jederzeit offen dafür, im Rahmen des geltenden Rechts gesellschaftliche Interessen auszuloten und mich persönlich einzubringen.“




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