Als ehemalige Krankenschwester interessierte sich Petra Krebs, Landtagsabgeordnete und Gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, vor allem für Entwicklungen in den Bereichen der Patientenversorgung und des Pflegeberufs.
Am Montag der vergangenen Woche konnte sich Petra Krebs ein eigenes Bild davon machen, dass der Weissenauer ZfP-Satellit im Allgäu in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes ist: In den 90er Jahren war es eines der ersten ZfP-Projekte, mit dem die wohnortnahe Versorgung vorangebracht wurde. 2016 erhielt die Allgemeinpsychiatrie in Wangen dann ein eigenes Gebäude, das durch seine moderne und helle Gestaltung viel Platz bietet. Mit dem stationären, tagesklinischen und ambulanten Angebot werden die meisten psychiatrischen Diagnosen behandelt: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Patientinnen und Patienten sehr gut gegenseitig unterstützen können, gerade weil sie so unterschiedlich sind in ihrer Erkrankung und Altersstruktur“, berichtete Ursula Göser, Chefärztin in Wangen.
Zudem ist das Krankenhaus sehr gut vernetzt mit den umliegenden Einrichtungen wie der BruderhausDiakonie, der Caritas, der Arkade oder der Sprungbrettwerkstatt: „Wir haben hier einen hervorragend funktionierenden gemeindepsychiatrischen Verbund“, so Göser. Auch mit dem benachbarten somatischen Krankenhaus steht man im engen Kontakt, wenn es um gegenseitige Beratung geht. Mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten findet regelmäßig ein Stammtisch statt, um einen Austausch zu ermöglichen. Auch auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reagieren die Wangener mit ihrem Angebot und so bietet beispielsweise der Ärztliche Leiter der allgemeinpsychiatrischen Station, Hans Knoblauch, eine Sprechstunde für Flüchtlinge an.
Pflegekräfte
Trotz des zunehmenden Mangels an Pflegekräften könne die Allgemeinpsychiatrie ihr Soll erfüllen, erläuterte die Pflegerische Abteilungsleiterin Anna Heinsch. Und sie ergänzt: „Noch…“ Aktuell kümmert sich ein 45-köpfiges, multiprofessionelles Team um die Erkrankten: Auf der Akutstation gibt es 22 budgetierte Betten, in der Tagespflege 10 Behandlungsplätze, die Psychiatrische Institutsambulanz bietet pro Quartal rund 270 Betroffenen ihre Hilfe an. Stationär aufgenommen werden aber mehr Betroffene, sodass meist eine Überbelegung herrscht. „Wir brauchen mehr ausgebildetes Personal in der Pflege, da es im Krankheitsfall oder bei ungeplanten Vorkommnissen schnell eng wird“, erklärte Göser.
Heinsch ermutigt Interessierte, einen Pflegeberuf im ZfP zu ergreifen: „Die Arbeit ist vielfältig und abwechslungsreich, durch unser Bezugspflegesystem kann man selbst viel Verantwortung übernehmen, außerdem sind die Hierarchien flach.“ Dennoch müssen sich die Bedingungen für Pflegeberufe generell verbessern, vor allem weil es ein fordernder und anspruchsvoller Beruf ist. Der Landtagsabgeordneten Petra Krebs ist das bewusst, da sie selbst als Krankenschwester gearbeitet hat: „Zurzeit ist die Verweildauer in diesem Beruf sehr kurz. Bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung sind notwendig, um die Pflegekräfte in ihrem Beruf zu halten.“
Neue Wege der Behandlung
Das Team geht stets neue Wege, um sich und die Behandlung zu verbessern: So absolvierten alle Mitarbeitenden in Wangen eine Weiterbildung, um systemische Therapie und Beratung anbieten zu können. Für die Patientinnen und Patienten wird so Vieles transparenter: „Wenn bei der Visite die Therapeuten und Pflegekräfte über die Betroffenen sprechen, ist der- oder diejenige dabei und hört zu. Wenn gewünscht, können auch Familienmitglieder daran teilnehmen. Damit haben wir positive Erfahrungen gemacht, weil die Betroffenen in den Gesprächsrunden merken, dass wir als Behandlungsteam sehr wohlwollend und ressourcenorientiert über die Patienten sprechen“, erklärte Göser.
Ab Herbst 2019 will die Wangener Allgemeinpsychiatrie auch die Behandlung zu Hause ermöglichen. Mit dem neuen Versorgungsangebot der Stationsäquivalenten Behandlung (StäB) sollen Menschen, deren Krankheitsgrad eigentliche eines stationären Aufenthalts bedürfen würde, in den eigenen vier Wänden behandelt werden. Vier bis fünf Patientinnen und Patienten sollen so versorgt werden: „Damit erreichen wir mehr Menschen mit behandlungsbedürftigen Krankheiten, die sonst keine Hilfe annehmen würden“, weiß Göser.
Krebs interessierte sich auch für den Bereich Digitalisierung und Onlineangebote. Heinsch berichtete, dass die Patientenakten bereits ausschließlich digital geführt werden, allerdings gebe es oft Probleme mit einer durchgehend stabilen Internetverbindung: „Wenn wir dokumentieren und die Internetverbindung bricht ab, dann haben wir uns die Arbeit umsonst gemacht und müssen von vorne beginnen.“ Um die Versorgung virtueller zu machen, fehlt ein funktionierendes Internet. „Wenn diese Grundlage geschaffen ist, wäre es durchaus denkbar Onlineangebote zu schaffen, wie Videosprechstunden. Diese könnten zur Abklärung aber auch zur Überbrückung von Wartezeiten genutzt werden“, findet Göser.
Bei einem Rundgang sammelte die Landtagsabgeordnete weitere Eindrücke und zeigte sich beeindruckt von der familiären Atmosphäre und der wohnlichen Gestaltung der Räumlichkeiten. Aus dem Gespräch mit den Mitarbeitenden konnte sie viele Anregungen für die Arbeit als Gesundheitspolitische Sprecherin mitnehmen.